Europa nimmt traditionell weltweit den Spitzenplatz ein, wenn es um den Konsum von Alkohol geht. Gemäß Daten der WHO und nationalen Forschungsinstitutionen hat sich das bis heute nicht geändert. Bis 2020 war der Alkoholkonsum in ganz Europa jedoch rückläufig. 2024 verzeichnete wiederum eine Zunahme des Konsums. Die Gründe dafür können in den Konsequenzen der Corona-Pandemie, Wirtschaftskrisen, Krieg und allgemeiner Verschlechterung der öffentlichen Gesundheit verortet werden. Die Schweizer bewegten sich im Lauf der letzten acht Jahre hauptsächlich im oberen Drittel der europäischen Alkoholtrinker.
Gemäß der World Health Organisation (WHO) gibt es kein gesundes Maß an Alkoholkonsum. Die WHO äußert sich vor allem besorgt über den Alkoholkonsum in Europa. Gemäß den Zahlen trinken die Menschen in den 53 Ländern mehr Alkohol als die Einwohner in allen anderen Weltregionen.
Rund 9,2 Liter reiner Alkohol werde jährlich pro Kopf von den über 15-Jährigen in Europa konsumiert. Damit sind Europäer die «stärksten Trinker der Welt».

In der EU ist der Gesamtalkoholkonsum pro Person ab 15 Jahren in den letzten vier Jahrzehnten um 2,9 Liter gesunken, von 12,7 Litern im Jahr 1980 auf 9,8 Liter im Jahr 2020, was einem Rückgang von 23 Prozent entspricht.
Der Konsum von Alkohol sank in der trinkfreudigsten Region der Welt auch bis 2020 weiterhin ab und erreichte in demselben Jahr ein historisches Tief. Durchschnittlich ist das Trinkverhalten in der EU zwischen 2010 und 2020 um 0,5 Liter rückläufig gewesen. Jedoch gab es auch Ausnahmen, in denen der Griff zur Flasche zugenommen hat: Lettland, Rumänien, Polen oder Tschechien.
Außerhalb der EU hat auch der Alkoholkonsum in der Ukraine von 2016 bis 2024 stetig zugenommen. Diese Entwicklung steht aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Kriegsgeschehen unmittelbar in Zusammenhang.

Dennoch war der allgemeine Wert des Konsums pro Kopf allgemein rückläufig bis 2020. Die Datenerfassung des Verbrauchs für 2024 diagnostiziert jedoch wieder einen eklatanten Anstieg des Konsums, sowohl europaweit als auch in fast allen übrigen Ländern. Lediglich in Norwegen war eine deutliche Senkung, in Bulgarien und Litauen ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Im Vergleich zu den Erhebungen der letzten Jahre und Jahrzehnte nahm der Alkoholkonsum zwischen 2020 und 2024 jedoch wieder deutlich zu. Die Erklärung hierfür kann in den vielschichtigen gesellschaftlichen Verwerfungen und Krisen liegen, die Europa in diesem Zeitraum trafen.

So prägte in diesen vier Jahren beispielsweise die Coronakrise das öffentliche Leben, wobei Lockdowns, Ausgangssperren, Isolation und Vereinsamung erheblich zur Verschlechterung des allgemeinen Wohlbefindens und der psychischen Gesundheit der Menschen beitrugen. Ebenfalls kam es an der Ostflanke Europa zum offenen Kriegsausbruch zwischen Russland und der Ukraine. Die Invasion in Verbindung mit wirtschaftlichen Negativfolgen für den ganzen Kontinent und seine Bevölkerung, scheint die Menschen ebenfalls zunehmend in die Arme der Alkoholproduzenten getrieben zu haben.
Trinker-Brennpunkt Osteuropa
Interessanterweise scheint der Alkoholkonsum in Russland, der Klischee-Nation der Vodka-Trinker, über Jahrzehnte rückläufig gewesen zu sein und diesen Trend bis 2024, wenn auch nur in geringem Masse, fortsetzen zu können. Die Top-Länder der Alkoholtrinker befinden sich in Osteuropa zwischen dem bottnischen Meerbusen und dem schwarzen Meer. Während 2016 in Litauen mit circa 15 Litern pro Kopf am meisten getrunken wurde, war es 2020 der Nachbarstaat Lettland, der 12.1 Liter pro Kopf trank.
2024 ging die europäische Krone der Alkoholbarone nach Rumänien, wo 16.9 Liter pro Kopf getrunken wurden. Überraschenderweise wurde Rumänien jedoch weder von einer Wirtschaftskrise während Corona noch von dem Ukrainekrieg wirtschaftlich getroffen oder in eine Krise gestürzt. Die Rumänen scheinen schlicht gerne Alkohol zu trinken, was unter anderem mit der traditionellen Alkoholkultur des südosteuropäischen Staates erklärt werden kann.
Datenerfassung und Messmethode
Die erfasste Datensammlung des Gesamtalkoholkonsum ist definiert als der jährliche Absatz von reinem Alkohol in Litern pro Person ab 15 Jahren. Ab dieser Altersgrenze sprechen Forscher von der trinkenden Bevölkerung. Alkoholische Getränke werden in reinen Alkohol umgerechnet. Die Daten umfassen also nicht den nicht-erfassten Alkoholkonsum, wie z. B. die häusliche oder illegale Produktion.
Ebenso ist zu erwähnen, dass die Datenlage sich auf die produzierten Mengen an Alkohol und deren Vertrieb und Verkauf stützt. Die Sammlung biete somit insgesamt einen realistischen Einblick in den Konsumtrend jedes Landes, kann jedoch nur schwer das genau Trinkverhalten spezifischer Bevölkerungsgruppen erfassen, wenn diese beispielsweise nur sehr wenig oder überhaupt keinen Alkohol trinken.
Genauere Daten liefern jedoch vor allem nationale Institutionen und Verbände, die insbesondere den problematischen Alkoholkonsum von Sucht- und Gewohnheitstrinkern durch Befragungen und Daten aus Krankenhäusern sowie Entzugseinrichtungen erfassen können.
Alkohol kann weitreichende Schäden verursachen
Alkohol kann in rauen Mengen den Körper in vielerlei Hinsicht schädigen, nicht nur die Leber. So steigt mit dem Konsum von Alkohol ebenfalls das Krebsrisiko und die Gefahr von Herz und Nierenschäden. Auch auf die psychische Gesundheit kann sich Alkohol nachhaltig schlecht auswirken, denn das Rauschgift unterbindet auch bereits in kleinen Mengen die Erholungsmechanismen des Körpers. Regelmäßiger Konsum auf Tagesbasis kann so beispielsweise verhindern, dass der Mensch sich während der Nacht in der Tiefschlafphase erholen kann, was sich über kurze Zeit in Gereiztheit, Nervosität und Anspannung äußert und über lange Zeit bis zu Schlafstörungen, psychischen Problemen und sogar Psychosen führen kann.
Wenn Sie einen problematischen Konsum von Alkohol bei sich selbst oder Personen in ihrem Umfeld beobachten, gibt es in jeder deutschsprachigen Region entsprechende Verbände und Organisationen, die Sie dabei unterstützen können, den Alkoholkonsum auf ein verträgliches Maß zu reduzieren.